Laut einer Pressemitteilung sind wegen des Einsturzes des Kölner Stadtarchivs konkret 89 Beschuldigte benannt worden. Vorher richteten sich die Ermittlungen gegen Unbekannt. Die Begründung für diese prozessuale Maßnahme lässt jedoch Zweifel aufkommen, ob dies zulässig ist.
In einer Presseerklärung des Justizministeriums NRW wird die Staatsanwaltschaft Köln wie folgt zitiert:
„Wenn die Staatsanwaltschaft bis zum 3. März keine Beschuldigten festgelegt hätte, wäre der Fall verjährt, weil das Unglück dann fünf Jahre her ist. Die Staatsanwaltschaft betonte am Montag, «dass die Einleitung des Ermittlungsverfahrens allein der Notwendigkeit der Unterbrechung der laufenden Verjährungsfrist geschuldet» sei.“
Vorbehaltlich der Richtigkeit dieser Informationen kommen Zweifel auf an der prozessualen Zulässigkeit dieser Vorgehensweise.
Gemäß § 152 Abs. 2 StPO ist die Staatsanwaltschaft bei Vorliegen eines Anfangsverdacht verpflichtet einzuschreiten. Dies hat stets die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zur Folge. Hatte die Staatsanwaltschaft Köln also bereits seit längerem konkrete Anhaltspunkte für strafrechtliches Fehlverhalten der nun benannten Beschuldigten, so wäre die Staatsanwaltschaft Köln bereits vorher durch die StPO verpflichtet gewesen, die Personen als Beschuldigte zu führen. Zwar ist es zulässig und in der Praxis üblich, auch Ermittlungsverfahren gegen unbekannt zu führen. Aber nicht dergestalt, das es pauschal gegen „Verantwortliche der Firma xy“ geführt wird. Nur wenn die Anhaltspunkte nicht eindeutig ein Einschreiten veranlassen, darf mit weiteren Vorermittlungen abgeklärt werden, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.
Die konkretisierung auf eine Person darf also nicht allein auf taktischen Gründen, wie die Verjährungsunterbrechung, gründen. Das wäre missbräuchlich. Fehlerhaftes Ermessen bei der Beurteilung, ob ein Anfangsverdacht vorliegt und ein Ermittlungsverfahren geboten ist, kann ein revisionsrechtlich relevanten Verstoß gegen den Grundsatz des Fair Trials begründen.