Es war ein Verfahren von außergewöhnlicher Dauer und außergewöhnlichem Umfang. Nach über zwei Jahren Verhandlungsdauer sprach das Schöffengericht Düsseldorf unsere Mandanten frei. Schwarzarbeit und Hinterziehung von Sozialabgaben konnten nicht nachgewiesen werden.
Die Ermittlung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf waren äußerst umfangreich. Die Ermittlungen dauerten über vier Jahre, die Ermittlungsakte umfasste mehr als 7000 Seiten, die Anklageschrift benannte eine Vielzahl von Zeugen. Die Angeklagten sollten als verantwortliche Personen einer GmbH, die im Baugewerbe tätig war, Schwarzarbeiter eingesetzt und so mehrere hundertaused Euro Sozialabgaben hinterzogen haben.
Laut Staatsanwaltschaft sollten die Angeklagten sich bei der Hinterziehung von Sozialabgaben der Hilfe von Subunternehmern, die tatsächlich jedoch nur als reine Servicefirmen zur Herstellung von Abdeckrechnungen fungierten, bedient haben. Die Ermittlungen wurden vom Hauptzollamt geführt.
Unsere Mandanten hatten auf unser Anraten von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht und so wurde eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich. Das Verfahren begann zunächst äußerst konfliktgeladen. Die Hauptverhandlung begann im Jahr 2016 und musste aufgrund mehrerer Befangenheitsgesuche der Verteidigung mehrfach unterbrochen werden. Schließlich kam es dann zur Einvernahme der Ermittlungsführerin des Hauptzollamtes. Diese wurde über mehrere Hauptverhandlungstagen hinweg vernommen. Im Laufe der Vernehmung bestätigte sich die These der Verteidigung, dass die Ermittlungen einseitig und tendenziös geführt wurden. Der Vorsitzende Richter sprach bei Gelegenheit von Ermittlungen nach dem „Scheuklappenprinzip“.
Erfahrene Strafverteidiger wissen, das Ermittlungsverfahren mit Bezug zum Baugewerbe regelmäßig überregionalen Bezug haben. Das liegt zum einen daran, dass Subunternehmer auf diversen Baustellen im gesamten Bundesgebiet eingesetzt werden und andererseits, daran anknüpfend, Servicefirmen ihre Rechnungen überregional anbieten. Insoweit liegt es in der Natur der Sache, dass Ermittlungsbehörden ihre Erkenntnisse untereinander austauschen und, so wie hier, das ermittelnde Hauptzollamt für die eigenen Ermittlungen auf Erkenntnisse anderer Ermittlungsbehörden zugreift, ohne diese Erkenntnisse selbst überprüft zu haben.
Für erfahrene Strafverteidiger wie Christoph Klein, Fachanwalt für Strafrecht, bietet dies Ansatzpunkte, um das Gericht durch entsprechende Anträge zu veranlassen, die Verfahrensakten der weiteren Ermittlungsbehörden hinzuzuziehen und die dortigen Ermittlungsbeamten zu vernehmen. Dies bietet der Verteidigung die Gelegenheit abzufragen, inwieweit tatsächlich eigene Festellungen getroffen oder wiederum, die Erkenntnisse dritter Ermittlungsbehörden zu Grunde gelegt wurden.
Dies führte im vorliegenden Verfahren dazu, dass einerseits das Verfahren vom Aktenbestand und der zeitlichen Dauer einen immensen Umfang einnahm, was zunächst weder von Staatsanwaltschaft noch vom Gericht gewünscht wurde. Es war jedoch in der Sache dringend erforderlich. Denn mit zunehmender Inbezugnahme der Ermittlungsergebnisse dritter Ermittlungsbehörden und der kritischen Hinterfragung derer Ermittlungsergebnisse durch Gericht und Verteidiung, gelangte das Schöffengericht zu der Überzeugung, dass sich die Thesen der Staatsanwaltschaft nicht belegen ließen. Die Staatsanwaltschaft teilte diese Würdigung nicht und beantragte, die Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen zu verurteilen. Das Gericht sprach die Angeklagten hingegen mit Urteil vom 26.11.2018 frei (AG Düsseldorf, Urteil v. 26.11.2018, 101 Ls 72/15).