Im August 2024 kam es in Köln-Porz zu einem Wohnungsbrand. Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen unseren Mandanten wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Brandstiftung als Bewohner der zerstörten Wohnung. Im gerichtlichen Verfahren rügten wir die Art und Weise der Ermittlungen und machten ein Beweisverwertungsverbot geltend. Dies führte zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 II StPO.
Gesetzgeber schützt Bürger vor Selbstbelastung
In der strafrechtlichen Praxis kommt es nicht selten vor, dass Beschuldigte sich mit ihren Angaben gegenüber den Strafverfolgungsbehörden selbst belasten. Neben den Fällen, in denen die Beschuldigten von vorneherein Verantwortung für ihr Fehlverhalten übernehmen möchten und daher die Vorwürfe gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten vor Ort unvermittelt einräumen, gibt es unterschiedliche Konstellationen, in denen Angaben unter Verletzung von Beschuldigtenrechten abgegeben und am Ende gegen den Beschuldigten verwendet werden.
Der Gesetzgeber möchte die Bürger vor Selbstbelastung schützen, indem er die Ermittlungsbehörden verpflichtet, Beschuldigte umfassend über ihre Rechte zu belehren und Ermittlungsergebnisse, die durch verbotene Vernehmungsmethoden erlangt werden, als unverwertbar konstituiert.
In der Praxis wird jedoch nicht selten bewusst oder unbewusst gegen die Belehrungspflichten durch die Polizei verstoßen.
Unbeabsichtigte Selbstbelastung bei „Mithilfe“
In unserem Verfahren wegen fahrlässiger Brandstiftung kam es beispielsweise zu einem durchaus üblichen Vorgehen im Rahmen der Ermittlungen. Nach Löschung des Brandes wurde die betroffene Wohnung versiegelt, damit im Nachgang durch die Ermittlungsbehörden unter Einschaltung eines Brandsachverständigen die Brandursache ermittelt werden konnte.
Die ermittelnden Beamten kündigten daher die Brandstättenbesichtigung in der Wohnung gegenüber unserem Mandanten telefonisch an und baten ihn, dieser Besichtigung beizuwohnen. In dem Verfahren konnte nicht geklärt werden, ob die ermittelnden Beamten bereits zu diesem Zeitpunkt einen Anfangsverdacht gegen unseren Mandanten hegten. Unabhängig davon bestand jedoch keine Verpflichtung unseres Mandanten dieser Besichtigung beizuwohnen.
Unser Mandant, der zu dem Zeitpunkt anwaltlich noch nicht vertreten war, kam dieser „Bitte“ der Polizeibeamten dennoch nach und war bei der Brandursachenermittlung somit zugegen. Es kann unterstellt werden, dass eine Vielzahl von betroffenen Bürgern in dieser Situation ähnlich gehandelt hätten und der „Bitte“ der Polizeibeamten nachgekommen wären.
Nicht überraschend wurde er während der Brandstättenbesichtigung auch dazu befragt, was er zu der Brandentstehung sagen könne. Dabei wurde er, wie in der Praxis nicht unüblich, „grob“ darüber aufgeklärt, dass er „nichts sagen müsse, womit er sich selbst belaste“.
Unser Mandant äußerte daraufhin seine Vermutungen, wie es zum Brand gekommen sein könnte. Für die Polizeibeamten war infolge seiner eigenen Angaben der Nachweis erbracht, dass er sich der fahrlässigen Brandstiftung schuldig gemacht hatte.
Eine Vernehmung benötigt auch außerhalb einer Polizeiwache eine Beschuldigtenbelehrung
Das Vorgehen der Ermittlungsbeamten war in vielerlei Hinsicht nicht lege artis. Es kann dahinstehen, ob es sich um ein gezieltes Umgehen von Beschuldigtenrechten handelte.
Gemäß § § 163 a i. V. m. 136 StPO ist die Polizei verpflichtet, den Beschuldigten bei Beginn der ersten Vernehmung darüber zu informieren, welche Tat ihm zur Last gelegt wird. Er ist ferner darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und er jederzeit die Möglichkeit hat, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen.
Entgegen der häufig anzutreffenden Auffassung bei Betroffenen, dass eine Vernehmung erst dann vorliegt, wenn der Betroffene auf der Polizeiwache im Rahmen einer ordnungsgemäßen Protokollierung zur Sache befragt wird, liegt eine Beschuldigtenvernehmung bereits dann vor, wenn der ermittelnde Polizeibeamte für sich einen Anfangsverdacht annimmt und den Beschuldigten zur Sache befragt. Dies kann auch unmittelbar am Tatort erfolgen. Insoweit steht den Polizeibeamten ein Beurteilungsspielraum zu, wann sie von einer Beschuldigteneigenschaft auszugehen haben.
Es kann dahinstehen, ob der Mandanten (als Zeuge) zur Brandstättenbesichtigung erscheinen musste. Spätestens vor seiner Befragung hinsichtlich der möglichen Brandentstehung hätte jedoch eine ordnungsgemäße Beschuldigtenbelehrung erfolgen müssen.
Der Mandant hätte insbesondere auf sein Konsultationsrecht eines Strafverteidigers hingewiesen werden müssen. Dies ist vorliegend unterblieben, so dass von Seiten der Verteidigung in der gerichtlichen Hauptverhandlung ein Widerspruch gegen die Verwertung der Angaben des Beschuldigten gegenüber den Polizeibeamten erhoben wurde.
Verstoß gegen das Konsultationsrecht führt zu Beweisverwertungsverbot
Ein Verstoß gegen das Konsultationsrecht führt nach der Rechtsprechung regelmäßig zu einem Beweisverwertungsverbot. Damit waren die Angaben gegenüber den Polizeibeamten nicht verwertbar. Es wurde daher von Seiten des Gerichts erwogen, ein Sachverständigengutachten zur Brandursache einzuholen. Da mittlerweile aber die Wohnung vollständig renoviert war und die gegenständlichen elektronischen Geräte entsorgt waren, ging der zu erwartende Erkenntnisgewinn eines solchen Gutachtens gegen null.
Da diese prozessuale Situation maßgeblich durch mangelhafte Ermittlungsarbeit der Strafverfolgungsbehörden eingetreten war, stimmte letztlich auch die Staatsanwaltschaft einer Einstellung des Verfahrens ohne weitere Auflagen zu.
Dieser Fall zeigt exemplarisch, dass eine sachgerechte Verteidigung immer die Verwertbarkeit von Angaben des Beschuldigten und von Zeugen zu prüfen hat, um entsprechende Verwertungsverbote geltend machen zu können.
Der Fall ist damit eine weitere Einstellung eines Strafverfahrens wegen fahrlässiger Brandstiftung, das unsere Kanzlei erfolgreich für unsere Mandanten erreichen konnte.