Kinderpornografie: Strafandrohung in § 184b Abs. 1 und 3 StGB wird abgesenkt!

Der Gesetzgeber korrigiert seinen Fehler aus dem Jahr 2021! Das Bundesministerium der Justiz hat laut Pressemitteilung Nr. 68/2023 vom 17. November 2023 einen Referentenentwurf zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte – veröffentlicht.

Die Gesetzesverschärfung aus dem Jahr 2021 wurde seinerzeit gegen Bedenken aus Justiz und Anwaltschaft eingeführt und führte zu erheblichen Schwierigkeiten in der Praxis der Strafjustiz. Die Korrektur des Gesetzes ist daher überfällig!

In der Pressemitteilung heißt es (Quelle https://www.bmj.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/1117_184bStBG.html):

Der Entwurf behält die zum 1. Juli 2021 in Kraft getretene Erhöhung des Strafrahmens auf zehn Jahre Freiheitsstrafe für die Tatbestandsvarianten des § 184b Absatz 1 Satz 1 StGB und auf fünf Jahre Freiheitsstrafe für die Tatbestandsvarianten des § 184b Absatz 3 StGB bei und macht nur die Heraufstufung zum Verbrechen durch Senken der Mindeststrafen in Absatz 1 Satz 1 von einem Jahr auf sechs Monate und in Absatz 3 von einem Jahr auf drei Monate rückgängig. Durch die Beibehaltung der Höchststrafen wird sichergestellt, dass auch künftig schwere Straftaten nach § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 StGB angemessen sanktioniert werden können. Zugleich wird den Strafverfolgungsbehörden aber die Möglichkeit wiedereröffnet, in jedem Einzelfall angemessen auf Verfahren zu reagieren, die Straftaten nach § 184b Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 3 StGB zum Gegenstand haben. Wenn der Tatvorwurf am unteren Rand der Strafwürdigkeit liegt, kann damit wieder eine niedrigere Strafe als ein Jahr Freiheitsstrafe verhängt werden. Zudem können Verfahren wieder nach den §§ 153 und 153a StPO eingestellt oder durch Strafbefehl nach den §§ 407 ff. StPO erledigt werden, wenn die Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen.

Was bedeutet das für die Verteidigung in laufenden Strafverfahren?

Derzeit beträgt die Mindeststrafe für Besitz und Verbreitung von kinderpornografischen Bild- und Videodateien ein Jahr. Nach der aktuellen Rechtslage handelt es sich bei § 184b StGB also um einen Verbrechenstatbestand. Verurteilungen haben somit zwingend Freiheitsstrafe, die je nach Fall zur Bewährung ausgesetzt werden kann, zur Folge.

Sofern das Gesetz Realität wird und laufende Strafverfahren dann noch nicht abgeschlossen sind, muss in der Urteilsfindung die neue Gesetzeslage zu Grunde gelegt werden, da immer das mildere Gesetz anzuwenden ist (§ 2 Abs. 3 StGB). Sobald das neue Gesetz gültig ist, bieten sich auch wieder Möglichkeiten, ein Verfahren ohne Hauptverhandlung durch Einstellung gemäß § 153 und § 153a StPO zu beenden.

Was, wenn das neue Gesetz am Tag des Urteils noch nicht in Kraft ist?

Gesetzgebungsverfahren können sich in die Länge ziehen. Für die Strafverteidigung muss daher Ziel sein, den rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu verhindern. Der Instanzenzug ist daher auszunutzen. Die Rechtsmittel der Berufung und Revision sind daher einzulegen. Ein Urteil, welches nach alter (noch aktueller) Rechtslage ergeht, wäre in der Revisionsinstanz nach § 354a StPO aufzuheben. Dies kann natürlich erhebliche Kosten für die Betroffenen produzieren, mal abgesehen von der nervlichen Belastung eines laufenden Strafverfahrens.

Mit dieser Begründung und dem Verweis auf personelle Ressourcenknappheit in der Justiz bieten sich daher Anträge auf Aussetzung des Verfahrens an. Die Anträge zielen darauf ab, laufende Strafverfahren auszusetzen, um die Gültigkeit der neuen Rechtslage abzuwarten. Es gebietet auch der Grundsatz des fairen Verfahrens, dass Betroffene nicht mehr nach der verschärften Gesetzeslage abgeurteilt werden, wenn absehbar ist, dass das Gesetz entschärft wird. Da insoweit nur der Faktor Zeit darüber entscheidet, ob jemand schon in den Genuss der Strafmilderung kommt, geben die Gerichte zunehmend den Anträgen aufgrund dieser Argumentation statt.

Selbstverständlich ist immer eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Wenn Sie Fragen haben, kontaktieren Sie uns bitte!