Freispruch vom Vorwurf der gemeinschaftlichen Vergewaltigung

Unsere Kanzlei verteidigte zwei Angeklagte in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der gemeinschaftlichen Vergewaltigung einer Jugendlichen in Essen. Das Strafverfahren beruhte auf der Strafanzeige der Frau, die an dem Strafverfahren auch als Nebenklägerin teilnahm. Diese hatte zeitlich unmittelbar nach der angeblichen Tat Anzeige wegen Vergewaltigung auf dem Polizeipräsidium erstattet, nachdem sie sich einige Zeit von ihren Freunden entfernt hatte und dann wieder angetroffen worden war und angab, Geschlechtsverkehr mit zwei Männern gehabt zu haben, woraufhin die Freunde der Jugendlichen den Vater anriefen, der sodann herbeieilte.

Bereits im Ermittlungsverfahren fertigten die Rechtsanwälte Klein und Klefenz umfangreiche Verteidigungsschriften an und wiesen auf die fehlende Aussagekonstanz der Angaben der Anzeigenerstatterin hin, die insgesamt schlechte Aussagequalität und den Umstand, dass eine suggestive Beeinflussung, durch die Freunde oder den Vater, nicht ausgeschlossen werden könne.

Da es sich um eine Aussage gegen Aussage Konstellation handelte, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hohe Anforderungen an die Beweiswürdigung, in Form einer besonderen Glaubhaftigkeitsbeurteilung, zu stellen, welche auch aussagepsychologische Aspekte miteinbezieht. Die zentrale Frage einer solchen Glaubhaftigkeitsbeurteilung lautet, ob die konkrete Zeugenaussage zu einem bestimmten Sachverhalt glaubhaft, mithin erlebnisbasiert, ist. Das methodische Grundprinzip stellt sich wie folgt dar: Die Aussage ist zunächst als unwahr anzunehmen (sog. Nullhypothese). Diese Hypothese muss so lange gehalten werden, bis sie mit den gesammelten Fakten des Falls nicht mehr vereinbar ist. Erst wenn dies der Fall ist, wird die Unwahrhypothese verworfen und die Aussage kann als wahr angenommen werden. So wird auch dem rechtsstaatlichen Zweifelssatz bzw. der Unschuldsvermutung Rechnung getragen.

Diese Maßstäbe gelten nicht nur für das Gericht, sondern auch für die Staatsanwaltschaft bei der Frage der Anklageerhebung. Dennoch erhob die Staatsanwaltschaft Anklage zum Landgericht Essen wegen des Vorwurfs der gemeinschaftlichen Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 und 2 StGB).

Unmittelbar nach Eingang der Anklageschrift beauftragte das Landgericht eine aussagepsychologische Begutachtung der Nebenklägerin und ihrer Aussage mit dem Hinweis auf exakt die Aspekte, die bereits im Ermittlungsverfahren von der Verteidigung vorgebracht worden sind. Das Gutachten kam nach einer Exploration der Nebenklägerin zu dem Ergebnis, dass ihre Angaben als nicht erlebnisbasiert zu werten seien, da bei der methodischen Prüfung die Hypothese einer teilweisen Falschbelastung (Hypothese der unsachgemäßen Mehrbelastung) sowie suggestive Färbungen und Bewertungseinflüsse durch Dritte nicht ausgeschlossen werden könnten.

In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Essen wurden diese Aspekte von der Verteidigung weiter herausgearbeitet und auf die schlechte Polizeiarbeit und die lückenhaften Ermittlungen der Staatsanwaltschaft verwiesen. Diese hatte im Ermittlungsverfahren versäumt, wichtige Zeugen befragen zu lassen, obwohl die Verteidigung auf mögliche suggestive Einflüsse verwiesen hatte. Nach drei Hauptverhandlungstagen sprach das Landgericht unsere Mandanten frei. Die Staatsanwaltschaft hatte jeweils 3 Jahre und 10 Monate Freiheitsstrafe für unsere Mandanten gefordert.