Die psychotrope Wirkung des Stoffes Dimethyltryptamin (DMT) ist mittlerweile hinlänglich bekannt, meist im Zusammenhang mit dem Begriff Mimosa Hostilis (Jurema). Weitestgehend unbekannt ist die mit Besitz und Erwerb verbundene Strafbarkeit. Zum Grenzwert der sog. nicht geringen Menge Dimethyltryptamin (DMT) gibt es bislang keine höchstrichterliche Entscheidung. Bislang ist nur eine Entscheidung des Landgerichts Frankenthal veröffentlicht. Demnach liegt der Grenzwert der nicht geringen Menge Dimethyltryptamin (DMT) bei 3,6 Gramm Dimethyltryptamin (Base). Es ist jedoch zweifelhaft, ob diese Entscheidung richtig ist.
Dimethyltryptamin (DMT) ist ein Stoff, der in vielen Pflanzen, Organismen und Lebewesen enthalten ist. In diversen Shops im Internet wird er als, in der Pflanze „Mimosa Hostilis“ (Jurema) enthalten und legal beworben. Dies ist irreführend, denn nach der Anlage I zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG) ist der Umgang mit Dimethyltryptamin (DMT) strafbar, „wenn ein Missbrauch zu Rauschzwecken vorgesehen ist“. Dieser Zusatz lässt auf der einen Seite Verteidigungsoptionen gegen eine Strafbarkeit. Auf der anderen Seite ist jedoch festzuhalten, dass die konkreten Umstände des Erwerbs, der handelnden Personen, der erworbenen oder bestellten Menge in der Praxis regelmäßig ausreichende Anhaltspunkte gerade für den Einsatz als Rauschmittel bieten und somit die Strafbarkeit des Umgangs mit DMT von den Ermittlungsbehörden angenommen wird.
Mimosa Hostilis / DMT: Grenze zur nicht geringen Menge
Die Grenze zur nicht geringen Menge ist im Betäubungsmittelstrafrecht von besonderer Bedeutung, da sich mit Überschreiten des Grenzwertes die Strafbarkeit erhöht und der Strafrahmen bei Freiheitsstrafe ab einem Jahr beginnt. Derzeit gibt es nur eine veröffentlichte Entscheidung zur Bestimmung der nicht geringen Menge von DMT aus der Mimosa Hostilis. Das Landgericht Frankenthal hat mit Urteil vom 7. Dezember 2012 (5127 Js 10022/09.2KLs) die Grenze zur nicht geringen Menge von Dimethyltryptamin (DMT) auf 3,6 Gramm Dimethyltryptamin Base festgelegt. Soweit ersichtlich ist das Urteil rechtskräftig geworden, ohne dass der Bundesgerichtshof die Berechnung des Grenzwertes überprüfen und für richtig befinden konnte. Das Landgericht Frankenthal hatte sich ausweislich der Urteilsgründe sachverständig beraten lassen und die Ausführungen des Sachverständigen für richtig befunden und übernommen. Das Landgericht hat sich dabei an die Vorgaben des Bundesgerichtshofes zur Berechnung von Grenzwerten im Betäubungsmittelstrafrecht gehalten. Da es keine wissenschaftlich fundierten Daten über eine tödliche oder äußerst gefährliche Dosis von Dimethyltryptamin (DMT) gibt, hat das Landgericht den Grenzwert ausgehend von einer durchschnittlichen Konsumseinheit bestimmt.
Vergleich mit LSD und Psilocin/Psilocybin
Die Anzahl der Konsumseinheiten, die vorliegen muss, um den Grenzwert zur nicht geringen Menge zu erreichen, hat das Landgericht unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur nicht geringen Menge von LSD und Psilocin/Psilocybin (Pilze) bestimmt. Dabei hat es zugrunde gelegt, dass aufgrund diverser Erfahrungsberichte, maßgeblich aus dem Internet, die Wirkung von Dimethyltryptamin (DMT) regelmäßig mit der Wirkung von LSD und Psilocin/Psilocybin verglichen wird. Höchstrichterlichen Entscheidungen zufolge liegt der Grenzwert zur nicht geringen Menge bei LSD und Psilocin/Psilocybin bei 120 Konsumseinheiten. Aufgrund der gleich gelagerten Wirkung hat das Landgericht Frankenthal somit auch bei Dimethyltryptamin (DMT) 120 Konsumseinheiten für den Grenzwert zur nicht geringen Menge festgelegt.
Fehlerhafte Bestimmung einer Konsumeinheit
Allerdings hat es die Menge einer einzelnen Konsumeinheit nach der hier vertretenen Meinung auf eine nicht tragfähige Grundlage gestützt. Aufgrund der Angaben zu den szenetypischen Durchschnittsdosierungen in den verfügbaren Medien ist das Landgericht von einer Einzelkonsummenge von 5 mg bis 70 mg ausgegangen. Ausgehend davon, dass Dimethyltryptamin (DMT) anscheinend mindestens genauso potent wie Psilocin/Psilocybin sei und unter Berücksichtigung der bevorzugten Konsumformen und entsprechenden Dosierungsempfehlungen bei fehlenden Angaben zu therapeutischen Maximaldosen, könne (zit.) „eine Konsumeinheit von 30 mg (Base), bezogen auf inhalative Applikation, für einen drogenunerfahrenen Konsumenten als wirksame Dosis postuliert werden.“
Aufgrund der bei LSD und Psilocin/Psilocybin zugrundegelegten 120 Konsumseinheiten berechnet das Landgericht somit die Grenze zur nicht geringen Menge auf 3,6 g Dimethyltryptamin (Base). Diese Begründung erscheint fehlerhaft. Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13 – festgestellt, dass die Bezugnahme auf die in Internetforen berichteten szenetypischen Durchschnittsdosierungen für die genannten Applikationsformen keine geeignete Erkenntnisgrundlage zur durchschnittlichen Konsumeinheit darstellt. „Dies gilt zum einen deshalb, weil es sich bei den Einträgen in User-Foren nicht um wissenschaftlich gesicherte Daten handelt, diese Angaben häufig auf erfahrene Konsumenten zurückgehen, bei denen bereits mit einer Toleranzentwicklung zu rechnen ist und interindividuelle Unterschiede in der Reaktion auf den Wirkstoff unberücksichtigt bleiben“, so der Bundesgerichtshof.
Darüber hinaus bezieht sich die Konsumeinheit von 30 mg ausweislich der Urteilsbegründung des Landgerichts Frankenthal nur auf die inhalative Applikation. Die durchschnittliche Konsumeinheit muss jedoch alle Formen der Verabreichung mit einbeziehen. Auch insoweit ist die Begründung somit fehlerhaft.
Die Auswirkungen des Urteils in der Praxis
In Betäubungsmittelstrafverfahren wegen des Umgangs mit Dimethyltryptamin (DMT) ist zu erwarten, dass die Justizbehörden auf die Entscheidung des Landgerichts Frankentahl verweisen, wenn es um die Bestimmung des Grenzwertes zur nicht geringen Menge geht. Aus den vorgenannten Erwägungen muss der Verteidiger in diesem Fall daraufhinwirken, dass Staatsanwaltschaft und Gericht die Fehlerhaftigeit dieses Urteils erkennen.
Es darf aber nicht verkannt werden, dass die Entscheidung des Landgerichts Frankenthal auf jeden Fall eine Orientierungshilfe zur Einstufung des strafrechtlichen Vorwurfs bietet. Gerade in den Fällen, in denen der Grenzwert zur nicht geringen Menge nur knapp überschritten ist, lohnt sich aber eine detaillierte Auseinandersetzung mit diesem Urteil und eine intensive Argumentation des Verteidigers.
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